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FRANK SCHUBERT

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source: frankschubert

Wir stehen im Zeitalter der fortwährenden Beschleunigung. Bewegt vom technologischen Accelerando in Raum und Zeit. Leben und erleben wir noch? Wir reisen ohne Unterlass, auch, ohne äußerlich zu reisen. Wir kommen an, um schon wieder abzufahren. Morgens: London, mittags: Berlin, abends: Paris – die Frisur sitzt, perfekter Halt bei jedem Wetter. Wir verdichten unseren Alltag nach Plan, im totalen Multitasking, zergliedern unsere Handlungen in infinitesimale Bögen und Verzweigungen. Unentwegt steigen wir irgendwo ein oder aus, unaufhörlich setzen wir Prozesse in Gang oder außer Kraft, endlos nehmen wir Sensationen auf, speichern Bilder, Zeichen, Töne und Geräusche ab, scheinbar unbegrenzt und doch immer wieder eingeschränkt. Wir treten ein in unterschiedlichste Archive, Landschaften und Kulturen, reale, künstliche, virtuelle Welten, wir durchqueren immer weiter expandierende Daten- und Bilderfluten, bis wir mitten in ihnen anhalten, ohne sie weiter bewusst einzufangen, geschweige denn durchdringend verarbeiten zu können.

Lebendige Erlebnisse und Erinnerungen bestehen aus offenen Situationen, fließenden Eindrücken und vibrierenden Empfindungen, die sich traumhaft und phantasievoll zu einem unvergesslichen und nicht darstellbaren Gewebe verdichten. Wir verfügen da nicht über eindeutige Motive wie in gestochen scharfen Sofort-Bildern übersichtlicher Szenerien, wie sie uns die technischen Errungenschaften der heutigen digitalen Fotografie vorsimulieren. Das touristische Schnappschuss-Album entspricht nicht der lebendigen Wahrnehmung vor Ort, es verdrängt sie: Ich knüpfe mir eine Szene oder eine Attraktion vor und nehme ein gestochen scharfes frontales Foto von ihr auf, ein Konterfei und eine Ikone der massenhaften Wiedererkennung – die reale Person, eine Unbekannte oder einen Freund, oder den realen Eiffelturm habe ich aber, wenn überhaupt, anders wahrgenommen, vielleicht wie in den labyrinthischen Erkundungen der Eisenverstrebungen von Germaine Krull, durch meinen Schnappschuss habe ich nur einen weiteren Beitrag für eine oberflächliche Postkartenwelt geliefert. Ich selbst jedoch, auch während ich dieses unwahrhaftige Zeugnis aufnehme, lasse den Blick schweifen, bewege mich, ich schaue hierhin und dorthin, setze meine Eindrücke, nah und fern, zusammen oder zerlege sie, passe auf, dass mir nicht schwindelig wird oder überprüfe ängstlich, ob meine Brieftasche noch da ist. Auch der Eiffelturm selbst steht nicht still: Wolken ziehen an ihm vorbei, Nebel hüllen ihn ein, nächtliche Lichteffekte laufen an ihm entlang, Menschenmassen bewegen sich wie Ameisen unter ihm und fahren an ihm in eine unwirkliche Höhe, in der sie das Panorama, das sie nie erwandern werden, erwartet.