JEAN TINGUELY
让汤格利
ז’אן טינגלי
ジャン·ティンゲリー
장 팅겔리
Жан Тингели
Luminator
source: aesthetischesblogspot
Jean Tinguely machte die Bewegung zur Grundlage seines Werks
Tinguely schuf ein facettenreiches OEuvre, das dem Industriezeitalter einen ihm adäquaten künstlerischen Ausdruck verleiht. Die virtuose Mischung aus spielerischer Gestaltung, Humor und tiefgründigem Ernst fasziniert heute noch.
von Rudolf Suter
Jean Tinguely (1925-1991), in Freiburg geboren und in Basel aufgewachsen, gehört zu den grossen Meistern der kinetischen Kunst. 1954 setzt der gelernte Dekorateur Drahtplastiken, die er vorher als Schaufensterdekorationen wie auch als autonome Kunstwerke geschaffen hat, in Bewegung. Diese lässt ihn seither nicht mehr los. Im Frühwerk dient sie häufig der Erörterung innerkünstlerischer Probleme. Tinguely greift auf die abstrakte Formen- und Farbensprache von Kasimir Malewitsch, Wassily Kandinsky, Auguste Herbin und anderen zurück. Die auf seine Reliefs gesetzten Elemente
drehen sich in verschiedenen Geschwindigkeiten um die eigene Achse. Das Werk existiert in immer neuen Variationen und stellt die definitive Farb-Form-Konstellation, bisher eine Selbstverständlichkeit, infrage zugunsten der ständigen Veränderung. Die erste automatische Zeichenmaschine von 1955, der später mehrere Varianten folgen, ironisiert den Werkprozess und das Künstlergenie, indem sie die gestische Malerei von Jackson Pollock oder Georges Mathieu maschinell herstellt. Doch letztlich steht hinter jeder beweglichen Plastik von Tinguely der von ihm geäusserte Grundgedanke: «Es bewegt sich alles, Stillstand gibt es nicht.»
Ab 1960 verwendet er bereits bestehende, zumeist von der Wegwerfgesellschaft ausgeschiedene Gegenstände, darunter Industrieschrott, Metallräder, Tierfelle, Federn, Textilien, Trödel aus Kunststoff usw. Jetzt entstehen die «Balubas», kleine, vertikal ausgerichtete Arbeiten, die das an einem Gestänge angebrachte Zubehör schütteln und rütteln. In der Mitte der 1960er Jahre streicht Tinguely seine Plastiken schwarz an. Er erzeugt attraktive optische Phänomene durch das unkalkulierbare Schwingen eines Metallteiles, eine endlos sich drehende Spirale oder einen kleinen Metalldraht, der sich so schnell um die eigene Achse dreht, dass er ein virtuelles Volumen generiert.
Black knight
Dies ist auch die Zeit der spektakulären und provokativen Aktionen. 1960 baut Tinguely im Garten des Museum of Modern Art in New York eine riesige Maschinerie aus Schrott, die sich selber zerstört. Er wird damit zum Vater der autodestruktiven Kunst. In der Wüste von Nevada errichtet er bewegliche Installationen, die er zur Explosion bringt. Diese medienwirksamen Auftritte machen ihn international bekannt. Er beginnt mit der bis an sein Lebensende nicht mehr abreissenden Reihe der «Kollaborationen», Gemeinschaftsarbeiten mit Yves Klein, Bernhard Luginbühl, Daniel Spoerri und seinen beiden Ehefrauen Eva Aeppli und Niki de Saint-Phalle, um nur einige wenige zu nennen.
An der Landesausstellung in Lausanne von 1964 zeigt Tinguely die «Heureka», ein Schrott-Ungetüm, das ihm auch in der Schweiz die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums sichert und das später seinen festen Platz am Ufer des Zürichsees finden wird. Seine Schrott-Assemblagen funktionieren wie Maschinen, die aber nichts produzieren und stattdessen sinnlose Bewegungen ausführen. Das gestalterische Recycling zielt jedoch nicht auf Unsinn ab, sondern lässt sich als kreativer Umgang mit dem Industriematerial und als zeitgemässer künstlerischer Ausdruck des Maschinenzeitalters verstehen, bringt aber laut Tinguely auch Kritik an der Gleichförmigkeit industrieller Vorgänge und der Produktion von unnützen Dingen an. Andererseits bezeichnet sich der Künstler als Romantiker, der die Maschine poetisiert.
Für alle Arbeiten Tinguelys gilt, dass die integrierten Bestandteile eine neue Funktion erhalten: Bohrer dienen als Motoren, die einen Staubwedel herumwirbeln; Räder unterschiedlichster Fahrzeuge drehen sich, ohne sich fortzubewegen; ein Kühlschrank enthält anstelle von Getränken und Esswaren eine Alarmsirene. Daher ist nicht voraussehbar, was passiert, wenn das Werk per Knopfdruck oder auf andere Weise in Aktion versetzt wird.
Gismo
Ende der 1970er Jahre setzt das Spätwerk ein. Eines seiner Merkmale ist die Verwendung von bunten, hölzernen Gussmodellen, die Tinguelys zunehmenden Hang zum Monumentalen begünstigen. Der Einsatz von tierischen Gebeinen ab 1981 verrät die Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit und Tod. Beinerne und metallene Teile gehen dabei – der Prothetik vergleichbar – eine Einheit ein: Knochen, Schädel und Hörner werden auf einen aus der Karosserie von Rennautos gebauten Flügelaltar
montiert, einem in einen tödlichen Unfall verwickelten Motorrad aufgesetzt oder mit Schrottteilen zu zoomorphen Gebilden, etwa einem Flusspferd oder einer Kuh, verbunden. Höhepunkt dieser Entwicklung ist der «Mengele-Totentanz» von 1986, ein vielteiliges Gesamtkunstwerk aus dem Brandschutt eines Bauernhofes, Tierschädeln, künstlichem Licht und Schattenspiel. Trotz der Todesthematik steckt viel Witz hinter dieser Kunst. Die Paarung von Ernst und Humor gehört zu den herausragenden Qualitäten von Tinguelys Spätwerk.
Tinguely ist ein Erneuerer des Brunnenbaus. Schon 1960 experimentiert er mit beweglichen Fontänen, die er später zu mehrteiligen Ensembles erweitert. Der 1977 auf dem Basler Theaterplatz eingeweihte «Fasnachtsbrunnen», ein Auftrag, der aus Tinguelys aktiver Teilnahme an der Fasnacht hervorging, führt an der Stelle der Bühne des alten Stadttheaters ein mechanisches Ballett auf: Düsen und Rasensprenger verspritzen das Wasser in alle Richtungen, und Wasserspiele wie «dr Schuufler», der Wasser schaufelt, ohne je an ein Ziel zu kommen, vollführen ein heiteres Treiben. Im Winter gefriert mitunter die Mechanik ein, und dann trägt die Natur das Ihre zum Kunstwerk bei, indem sie die Fontänen mit bizarren Eisplastiken überformt. Die 1980 konzipierte, heute im Park vor dem Museum Tinguely in Basel installierte «Schwimmwasserplastik» ist ein Meisterwerk der Brunnenbaukunst, eine elegante Maschine aus schwarz bemalten Metallrädern und Schläuchen, deren Wasserstrahlen silbrig glitzernde Perlenfäden ziehen, wenn die Sonne in sie hinein scheint. Später kommen die «Fontaine Jo Siffert» in Freiburg und zwei Kollaborationen mit Niki de Saint-Phalle in Paris und im burgundischen Château-Chinon hinzu.
Privat ein Raser
Notorisch ist Tinguelys Begeisterung für den Autorennsport. Jahrelang soll er seinen Terminkalender nach den Formel-1-Rennen ausgerichtet haben. Zu seinen Freunden gehören Jo Siffert, Clay Regazzoni, Jim Clark oder Joakim Bonnier. Einigen von ihnen, die tödlich verunfallt sind, gedenkt er in seiner Kunst. Privat ein Raser, erwirbt er im Verlauf seines Lebens mehrere Ferraris sowie einen Lotus von 1963 und ein Motorrad. Die letzten beiden stellt er als Plastiken in seinem Schlafzimmer auf.
Es ist nur folgerichtig, dass Tinguely das Prinzip des Kinetischen auf das Wesen des Automobils, die selbständige Fortbewegung, ausweitet. Bereits 1954 konstruiert er mit «Auto-Mobile» ein mit einem Aufziehrädchen versehenes Gestell aus Eisen und Draht. Wenn Tinguely in seinem Frühwerk eine Werkkategorie einführt, nimmt er sie später in Variationen, Weiterentwicklungen oder Kombinationen mit anderen Kategorien wieder auf. So dehnt er auch das Prinzip der Fortbewegung auf die Zeichenmaschine und die Musikmaschine aus. «Le Safari de la Mort Moscovite» von 1989 besteht aus einem fahrbaren Renault 5, der allerdings nur noch ein elender Schrotthaufen ist, ein Todesgerippe wie die an ihm angebrachten Tierschädel, überragt von einer drohenden Sense. Tinguely verwandelt das Auto, eines der glanzvollsten Prestigeobjekte, zu einem Symbol für die Vergänglichkeit der Konsumgüter und zu einem Memento mori für den Menschen.
Fast jede Arbeit von Tinguely besitzt ihren eigenen Klang. 1955 entwirft er die ersten, noch leisen Klangreliefs. Es folgen die Radioplastiken, die das zufällig im Äther herumschwirrende Klangmaterial einfangen. Schrottplastiken wie die «Heureka» werden begleitet von Klappern, Scheppern und Kreischen. Quietschen und Ächzen der Mechanik sind konstituierende Bestandteile des «Mengele-Totentanzes». Die vier «Méta-Harmonien», monumentale Musikmaschinen [s. Kopfbild], werden von Gussmodellen betrieben und erzeugen eine Überharmonie, eine unkalkulierbare Klangfolge mit einer je eigenen Klangfarbe.
Eine weitere Facette von Tinguelys OEuvre sind die Lampenplastiken. Sie kulminieren im mehrere Tonnen schweren «Luminator» von 1991, der mit Tinguelys Einverständnis unmittelbar nach dem Tod des Künstlers in der Schalterhalle des Bahnhofs SBB in Basel aufgestellt wurde. Sieben Jahre lang konnten inmitten der Hektik des Bahnhofs Reisende beobachtet werden, die vor dem «Luminator» staunend innehielten. Wegen des Umbaus der Schalterhalle wurde der «Luminator» 1998 demontiert und anschliessend von den SBB verschmäht. Jetzt hat er im Basler Euro-Airport bis 2014 eine temporäre Bleibe gefunden.
Heute wird Tinguelys Kunst, ihrer Vielseitigkeit entsprechend, in einem sehr breiten Rahmen rezipiert, so im Zusammenhang mit Themen wie Künstlerpaare, Musik in der bildenden Kunst oder Roboterkunst sowie in materialorientierten Ausstellungen. 2012 wurde im Expoparc in Biel das akrobatische und musikalische Werk «Cyclope» aufgeführt, das Elemente von «Le Cyclop» aufnahm, einem gigantischen Gemeinschaftswerk, das unter der Leitung von Tinguely ab 1971 südlich von Paris gebaut wurde.
Le Cyclope
Tinguely zählt zu den Wegbereitern der kinetischen Kunst. Eine Ausstellung von 2006 im Museum Bochum hiess: «und es bewegt sich doch – von Alexander Calder und Jean Tinguely bis zur zeitgenössischen ‘mobilen Kunst’». Eine Zusammenarbeit zwischen dem Kunsthaus Graz und dem Museum Tinguely zeigte 2004/05 unter dem Titel «Bewegliche Teile» die Bandbreite der kinetischen Kunst von heute auf. Die Bewegung fand auch Eingang in die Lichtinstallationen von Jenny Holzer. Tinguelys Vorreiterrolle bei der autodestruktiven Kunst wurde 2010/11 in der Ausstellung «Under Destruction» im Museum Tinguely gewürdigt. Die automatischen Zeichenmaschinen waren Anlass zur Gründung der «Métamatic Research Initiative» in Amsterdam, die sich der künstlerischen und wissenschaftlichen Erforschung der Themen «Autorschaft» und «künstlerische Authentizität» verschrieben hat. Tinguelys Kunst bleibt somit aktuell und fruchtbar.
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source: fly-euroairport
On the 20th anniversary of Jean Tinguely’s death, EuroAirport has great pleasure in welcoming “Luminator” from the Museum Tinguely; the huge lamp sculpture will be on display to the general public from 4th September 2011 for a period of three years.
Mounted on a plinth on the 5th floor of the Airport building in Hall 4, this great illuminated sculpture is 24 metres long and weighs nearly 5 tonnes. Created by Jean Tinguely (1925-1991), one of the most original Swiss artists of the 20th century, “Luminator” was first exhibited at the Basel Fair Hall in June 1991. It was then purchased by the Swiss Bank Association (later to become UBS).
After the death of the artist on 30th August 1991, the illuminated sculpture was installed in the Basel railway station ticket hall as Tinguely had wished while he was alive; it remained on show there for seven years. In 1999, “Luminator” was exhibited at the railway station in Leipzig. In 2005, the UBS Bank donated it to the Museum Tinguely.
Designed by Tinguely to be admired by the public at large, “Luminator” is back again thanks to EuroAirport, this time on French soil in the Swiss sector of the bi-national airport serving three countries.
The decision to install this great illuminated sculpture at EuroAirport was motivated by several factors:
EuroAirport is a public place frequented by over 4 million passengers every year.
Tinguely had links with France: he lived in Paris and exhibited several times there. So, installing the last work of this Swiss artist in the Airport is fits well with the bi-national status of EuroAirport.
EuroAirport is a gateway allowing the discovery of the cultural treasures of the region, including the Museum Tinguely in Basel.
Art brings people together, transcending borders; this fits well with the primary purpose of EuroAirport, which is to enable travellers from several different countries to meet and cross paths every day.
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source: tinguelych
The “Luminator” was created in 1991 as a lamp sculpture for the trade fair hall where gallerist Klaus Littmann presented his Kulturgüterwagen (Cultural Goods Train) or Kunstzug (Art Parade) at ART Basel. For the Art Parade 6 artists — Jean Tinguely, Bernhard Luginbühl, Ben Vautier, Daniel Spoerri, Eva Aeppli and Milena Palakarkina — transformed freight cars into Cultural Goods Wagons with their artworks.
Jean Tinguely made the “Luminator” as a lamp to light up the dark trade fair hall. The sculpture came together quickly. With its outstretched arms, reminiscent of an insect or a beetle, its colourful wheels and its profusion of small lights (635 in all), “Luminator” marked a new beginning in Tinguely’s oeuvre.
On 30 August 1991 Jean Tinguely died at the age of 66. Even before his death, the suggestion had already been made to set up the “Luminator“ at the railway station. The Swiss Bank Corporation (today UBS) purchased the piece and made it available to the station, where it was installed in the ticket hall from 1991 to 1998. Rail passengers and art fans came to appreciate the piece as an “introduction“ to the culture and museum city of Basel. The whimsical, contemplative character of the work in particular was always regarded as a welcome counterweight to the hectic pace of the train station.
When work began on renovating the station in 1999, the piece had to be dismantled. After an interim engagement at the Leipzig station, where the “Luminator“ was installed until the end of 2000, it came to Museum Tinguely in 2003. In 2005 UBS donated Tinguely’s last major work to the museum.
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source: jun-arblogso-netnejp
ジャン・ティンゲリーはスイス生まれ、バーゼル育ちの彫刻家です。