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KLAUS OBERMAIER

克劳斯奥伯迈尔

Oedipus Reloaded

source:

An inter-media performance by Klaus Obermaier
with Hannes Hellmann

A co-production of RUHRTRIENNALE 2004
with Ringlokschuppen Muelheim/Ruhr,
in collaboration with ARS ELECTRONICA Futurelab.

In the interactive performance and space-installation Oedipus questions the shifting boundaries between illusion and reality, between knowledge, belief and memory. He wanders lost in the network of high-tech data, blinded by images and information.
Oedipus, the first explorer who does not know where he is.

He wants to know all, and he bravely begins to ask:
What have I done? Am I evil? Am I guilty? Whom can I believe?
My mother? My memory? Who am I? Step by step Oedipus asks himself into the abyss.
In the end, no one responds – Oedipus remains alone with his questions. Lonely as an astronaut in space he calls, swallows up text into himself and always only finds himself. What remains is ME. This is the end of the questions and the beginning of the problem.

Klaus Obermaier creates a flowing space through images and sounds in which the actor Hannes Hellmann as Oedipus paves his lonely way. The dynamic, rhythmic projections form complex reflections and distortions, in which Oedipus becomes entangled. Obermaier’s innovative performance-approach follows a very musical design: his digital pictures compose the space.
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source: exileat

Das Ich, allein im virtuellen Raum
RUHRTRIENNALE
Im Lokschuppen hatte Klaus Obermaiers überwältigende Medienperformance “Oedipus reloaded” Premiere.
Verloren im Raum zwischen Welt und Ich: Hannes Hellmann als Ödipus und moderner Sinnsucher.

Was ist real, was ist Täuschung in diesem Raum, im Leben, in der Welt? Wer bin ich, wo bin ich? Was geht am Morgen auf vier, am Mittag auf zwei und am Abend auf drei Beinen? Wie formuliert man, was 70 Minuten lang vor den eigenen Augen abgelaufen und doch so wenig greifbar ist?

Von vorn: Am Anfang ist das Wort: “Ich” – projiziert auf eine monumentale Leinwand. Aus dem Dunkel formen sich Buchstaben zu Sätzen und Fragen. Darüber balanciert, sehr real, der Schauspieler Hannes Hellmann fragend, forschend, suchend, als König Ödipus, jene tragische Gestalt der antiken Sage, die – unwissend – den eigenen Vater tötet und die eigene Mutter heiratet. Ödipus und sein Ringen um (Selbst)-Erkenntnis sind die Projektionsfläche für die Sinnsehnsucht des modernen Menschen und Anlass für einen Abend aus überwältigenden Bilderfluten, Klang und Wort des Wiener Medienkünstlers Klaus Obermaier, der am Mittwoch unter dem Titel “Oedipus reloaded” als erstes von vier Off-Triennale-Projekten in der Reihe “Raum-Pfad” im nicht ganz ausverkauften Ringlokschuppen Premiere hatte.

Und während Ödipus fragend an der Welt (ver-)zweifelt verdoppelt, verdreifacht, verzehnfacht er sich auf der Leinwand, erscheint als Spiegelbild seiner selbst, verschmilzt mit seinem Zwilling, bis von ihm nur noch ein Schuhpaar bleibt, das auf einer Wasseroberfläche schwimmt. Die mediale Animation als Fortsetzung des Erzählens mit neuen Mitteln.

Für das auf sich selbst zurückgeworfene Subjekt hat Obermaier, technisch unterstützt von dem Linzer Ars Electronica Futurelab, einen digitalen Kosmos erschaffen, in dem es keinen Halt und keinen festen Boden gibt. Hellmanns Erkenntnissucher watet durch unsicheres Wasser, wird durchzuckt und umkreist von elektronisch erzeugten Formen und Linien, sein Körper wird durchdrungen von der Fratze seines Selbst. Seine Worte setzen sich optisch in flirrenden Mustern fort, verhallen zu Echo und düsterem Sound. Eine assoziative Welt- und Seinsauflösung als optisches und klangliches Ereignis.

Und während Hellmann eindrucksvoll die sperrigen Textpassagen u.a. von Sophokles, Descartes, Nietzsche und Sloterdijk doziert, seziert, rhythmisiert und sprachlich reflektiert, zerbirst irgendwann hinter ihm die Welt in ungeheuren Wellen von nicht endenden Explosionen und Feuersbrünsten, bis diese sich schließlich zur Erde formen – von fern, aus den unendlichen Weiten des Alls betrachtet.

Es gibt keine Antwort, aber eine Ahnung von Leichtigkeit: Am Ende wird sich der Mensch, das ewig fragende Ich, nackt, winzig und schwerelos im virtuellen Raum verlieren – begleitet vom träumerischen Sound des Lovesong-Evergreens “Besame mucho”.

Neue Rhein Zeitung, 03.06.04, Jacqueline Siepmann

Von der Ursuppe in den Cyberspace
Die Ruhrtriennale wandelt auf dem „RAUM.PFAD“ in die subkulturellen Tiefen des Ruhrgebiets: zwischen Bodenhaftung und Schwerelosigkeit

Am Ende bleibt nur eine leere Hülle übrig. Auch wenn es nichts Schlimmeres gibt, als den Schluss einer Inszenierung zu verraten – hier sei es erlaubt, denn es geht um (Selbst-)Erkenntnis. Und in dieser unserer liebsten Denksportart geht es immer weiter und weiter und weiter, das vermeintliche Ende bildet bloß den Anfang einer neuen Runde Kopfarbeits-Achterbahn. Oder sind wir am Ende doch am Ende (der Welt, der Geschichte, der Erklärungen)? Sind wir auf dem richtigen Planeten? Im falschen Film? Im echten Leben?

Die Möglichkeit, vielleicht eventuell unter Umständen ein paar Antworten zu finden, bot nun die erste Etappe des RAUM.PFADs im Ringlokschuppen. Für die Medienperformance „OEDIPUS RELOADED“ hat der Musiker und Elektronik-Künstler Klaus Obermaier zusammen mit dem Futurelab des Linzer Ars Electronica Centers einen cyberspacigen Bühnenraum entwickelt, durch dessen dynamische Computerprojektionen sich der Schauspieler Hannes Hellmann bewegt und die Bedingungen menschlichen Daseins auslotet – alleine, ausdauernd und tapfer. Als Denkgrundlage dient Vorgedachtes von Sophokles über Descartes bis Nietzsche – mithin harter Stoff, der als Sprechtext schon mal überfordert, aber dennoch gut gewählt scheint. Gedankengebirge, die aus alten Fragen neue Fragen ent- und den Suchenden weiter im Regen stehen lassen. Also doch keine Antworten? Immerhin jede Menge attraktive Anregungen, beeindruckende Bilder und hier und da etwas Erhabenheit, die uns sowohl an unsere Ursuppenhaftigkeit, als auch an die Möglichkeiten moderner Computertechnologie erinnert.

Westdeutsche Zeitung Düsseldorf

Ödipus bahnt sich den Weg durch Videos und Sounds
Multimediales Theater macht den Auftakt zur Ringlokschuppen-Reihe im Rahmen der Ruhrtriennale.

Flammendes Inferno in Mülheim. Feuerbälle wirbeln durch die Luft, Flugzeuge, Häuser und Autos explodieren, dass es nur so knirscht, kracht und knallt. Der ganze Ringlokschuppen scheint zu beben, mittendrin der Zuschauer.
Adrenalinstöße, aber auch sinnlich-ruhige und romantische Momente sind beim Multivisionstheater „Ödipus Reloaded” garantiert. … In rasendem Tempo wechseln Bilder, verschmelzen mit eindringlichen Klangkompositionen und kraftvollen Lichtprojektionen.

In diesem Theater aus Videos und Sounds spielt einer die Hauptrolle: Hannes Hellmann, der mit seiner klassischen Schauspielkunst eins wird mit der innovativen Inszenierung. Mit weißen Gummistiefeln watet er durchs Wasser, zieht gestikulierend seine Kreise, rezitiert wortgewaltig Sophokles und andere Philosophen. Er agiert als lebende Projektionsfläche.
Einsam steht er dort, verlassen und hat den Boden unter den Füßen längst verloren. Wie die tragische Gestalt des König Ödipus stellt er immer und immer wieder Fragen, dreht sich dabei im Kreise. „Ich bin, ich existiere. Aber was bin ich? Was habe ich vor dem geglaubt zu sein? Ein Mensch. Aber was ist ein Mensch?
Mit Sätzen, die zu elektronisch verfremdeten Textströmen anschwellen, beschleunigen sich die Projektionen. Immer schneller wirbeln die Bilder. Ödipus ist wohl verrückt geworden. Und dieser Zustand ist gleichsam eine Metapher für die Losgelöstheit des Individuums in unserer Zeit.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 28.05.04

Der Mensch, ein Fleck im Kosmos
MÜLHEIM: «Oedipus Reloaded» fasziniert

Mülheim (dpa/lnw) – Auf die Raum füllende Leinwand ist das Wort «Ich» projiziert. Ziemlich verloren stehen die Buchstaben in der Mitte des schwarzen Raumes und spiegeln sich im Wasser, das den Bühnenboden bedeckt. Wer ist «Ich», und wozu bin ich da? Eine philosophische Grundfrage, der zur Zeit die Medienperformance «Oedipus Reloaded» im Mülheimer Ringlokschuppen nachgeht. Die Inszenierung ist die erste aus der vierteiligen Reihe «Raum.Pfad» – eine Koproduktion der freien Theaterszene und dem Kulturfestival Ruhrtriennale.

Ödipus, jene schicksalhaft gestrafte Figur aus der griechischen Mythologie, steht im Mittelpunkt von Klaus Obermaiers Inszenierung, in der Wort, sphärische Klänge und Leinwand-Projektionen den gleichen Anteil haben. In den Worten des Tragödiendichters Sophokles erzählt Ödipus (Hannes Hellmann) seine Geschichte und hadert mit den Göttern: «Wohin auf der Erde werde ich getragen?» Schon Ödipus stellte sich die Fragen, mit denen sich heute Kinofilme wie «Matrix» beschäftigen: Gibt es eine Macht, die uns steuert? Gibt es unsere Wirklichkeit überhaupt?

Die Bilder, die Klaus Obermaier mit der technischen Hilfe des österreichischen «ars electronica futurelab» aus Linz dazu geschaffen hat, pulsieren großflächig: mal sind es bunte, kaleidoskopische Muster, mal grafisch-strenge Linien und Kreise, die den hilflos ergebenen Ödipus einkreisen, bald sind es Namen und Orte aus seiner eigenen Geschichte, die aus dem Nichts auftauchen und auf ihn einstürzen: Kreon, Delphi, Zeus, Iokaste.

Ödipus, so die These, war nur der erste «Forschungsreisende», der nicht mehr wusste, wo und wer er ist. In der Inszenierung ist die Ödipus-Figur im Wortsinne nur die Projektionsfläche für Fragen, die sich viele andere nach ihm stellten. Zitate unter anderem von Friedrich Nietzsche und Jean Baudrillard belegen, dass die Fragen diegleichen bleiben. «Sind Himmel, Luft, Erde nur das trügerische Spiel von Träumen?», zitiert Ödipus, im Wasser hin- und herwandernd, den Philosophen René Descartes.

Wie real uns die Naturgewalten zumindest erscheinen können, zeigen die nächsten Bilder: Minutenlang sind Feuerbälle und Explosionen zu sehen und zu hören, zusammen geschnittene Szenen aus Dutzenden von Actionfilmen. Irgendwann verschmilzt die letzte Explosion, verwandelt sich in die Erde, dann in die Sonne.

Im letzten Bild schwebt ein nackter Mann auf der schwarzen Leinwand verloren wie durch den unendlichen Kosmos. Der Mensch, so viel ist am Ende dank der überwältigenden Macht der Bilder klar, bleibt mit seinem Forschungsdrang immer auf sich selbst und auf logische Zirkelschlüsse zurück geworfen. Er mag intelligente Fragen stellen und bleibt doch ein unbedeutender Fleck im Kosmos.

Recklinghauser Zeitung, 08.06.04, Katrin Pinetzki
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source: exileat

Nicht umsonst steht die Wende der Kosmologie, die nach Kopernikus benannt ist, am Anfang der neueren Erkenntnis- und Enttäuschungsgeschichte. Sie hat den Menschen der Ersten Welt den Verlust der kosmologischen Mitte eingetragen und in der Folge ein Weltalter progressiver Dezentrierungen auf den Weg gebracht. Vorbei ist es von da an für die Erdenbewohner, die alten Sterblichen, mit allen Illusionen über ihre kosmische Schoßlage. …

Mit des Kopernikus heliozentrischer These beginnt eine Serie von Forschungsausbrüchen ins menschenleere Außen, hin zu den unmenschlich weit entfernten Galaxien und den spukhaftesten Komponenten der Materie.
Den Evasionen ins Äußerste folgen Kälte-Einbrüche aus den kosmischen und technischen Eiswelten in die menschliche Binnensphäre. Seit dem Beginn der Neuzeit muß die Humanwelt in jedem Jahrhundert, in jedem Jahrzehnt, in jedem Jahr, an jedem Tag es lernen, immer neue Wahrheiten über ein nicht auf den Menschen bezügliches Außen hinzunehmen und zu integrieren. …

Bei jedem Ausblick in die Erdfabrik und in die extraterrestrischen Räume nimmt die Evidenz zu, daß der Mensch nach allen Seiten überragt wird von monströsen Äußerlichkeiten, die ihn mit Sternenkälte und außermenschlicher Komplexität anhauchen. Diesen Provokationen durch das Außen ist die alte Natur des homo sapiens nicht gewachsen. Durch Forschung und Bewußtwerdung ist der Mensch zum Idioten des Kosmos geworden; er hat sich selbst ins Exil geschickt und sich aus seiner unvordenklichen Geborgenheit in selbstgesponnenen Illusionsblasen ins Sinnlose, Unbezügliche, Selbstläufige ausgebürgert. …

In der Neuzeit leben, heißt den Preis für Schalenlosigkeit entrichten. Der geschälte Mensch agiert seine epochale Psychose aus, indem er auf äußere Erkaltung mit Wärmetechniken und Klimapolitiken antwortet. … Aber nachdem Gottes schillernde Blasen, die kosmischen Schalen geplatzt sind, wer wäre imstande, prothetische Hüllen um die Bloßgestellten zu schaffen?