highlike

claudia kallscheuer

wetterbericht

claudia kallscheuer   wetterbericht

source: claudiakallscheuerde

Es gibt einige wenige Leute, die interessieren sich beim Obsthändler eher für die Sachen, die ihnen im Weg sind. Claudia Kallscheuer gehört auch zu jenen, die sich erst in zweiter Linie für die Früchte interessieren, sondern viel mehr für die Papiere, in die sie eingewickelt sind. Und „wertvoller” als der Inhalt, erscheint doch eigentlich diese Papiertüte mit dem wenig kunstvollen Aufdruck „Esst mehr Obst”.

Die Welt ist voll von diesen kleinen visuellen Kostbarkeiten und optischen Kuriositäten, die andere Leute links liegen lassen, die Claudia Kallscheuer aber als Material für ihre kleinen bizarren, bisweilen poetischen (dreidimensionalen) Collagen benutzt.

In ihrem Atelier werden aber Stoffe vernäht (eine Judo-Hose findt eine neue Bestimmung als Bilduntergrund). Es wird Tafel-, Nagel- oder Schelllack verarbeitet und die Einwohnerschaft einer ganzen Kleinstadt wartet in Form von Modelleisenbahn-Figuren auf ihren Einsatz in Claudias Bildobjekten. Da klettern winzige Bergsteigerfiguren an einer schwarzen Wand hinauf, die sich als die Silhouette eines Jägers entpuppt, der seinen Namen von einem Tiefdruckgebiet bekommen hat. Bernd begegnet uns in einer ganzen Reihe von Arbeiten und zieht sich wie ein roter Faden durch die Werke des Jahres 2008.

In den allerneusten, vielversprechenden Arbeiten Claudia Kallscheuers ersetzt gestickte Nähseide Pinsel und Farbe, bzw. Zeichenstifte. Die Umrisslinien von Barack Obamas Vereidigung sind von Hand oder Maschine auf Stoff gestickt und auf runde Rahmen gespannt. So erscheinen populäre Bilder verfremdet, aber dennoch wiedererkennbar – sprichwörtlich im neuen Gewand.

Doch bei aller Leichtigkeit, die den Bildern und Objekten anhaftet, sind sie doch Produkte eines bisweilen langen Prozesses. Die Fläche, die jetzt rot ist, war vielleicht vorher zweimal weiß, dazwischen einmal blassrosa und einmal grau. Bis die endgültige Version gefunden ist, vergeht oft viel Zeit.

Die Werke haben schließlich aber Zeit und Mühen abgestreift und strahlen eine spielerische Unbekümmertheit aus, die ihren Reiz ausmacht.

Claudia Kallscheuer hat sich so eine sehr eigenständige Bildsprache entwickelt, die ich sehr schätze, und der ich viel Erfolg wünsche.
.
.
.
.
.
.
.
source: mianki

Fäden auch mal nicht vernähen, einfach hängen lassen. Und nicht nur von Stoff herab, sondern auch von Holz oder von Teebeuteln oder von Safety-Cards einer Airline. Die Oberflächen, die Claudia Kallscheuer bestickt, sind außergewöhnlich. Noch außergewöhnlicher aber, dass es ihr weniger um die Ober- als um die Unterseite des bestickten Materials geht.

Claudia Kallscheuer kehrt unteres zu oberst. Sie spielt mit innen und außen, verkehrt linke und rechte Seite, schafft Unordnung in der Ordnung. Fehler werden eingebaut, Fadenspannungen variiert, Überlagerungen und Verwicklungen im Nähprozess geduldet. Es wird geknotet, wo kein Knoten passt.

Mit ihrer eigenständigen und eindrücklichen Bildsprache lädt Claudia Kallscheuer ein, Betrachtungsweisen zu überdenken: ist die Papiertüte nicht ebenso wichtig wie das Gemüse, für dessen Verpackung sie herhalten muss? Oder: Warum missachten wir mit steter Regelmäßigkeit die Safety-Cards und – Instruktionen vor dem Abheben des Flugzeugs – wo doch im Ernstfall unser Leben davon abhängt?

Das scheinbar Nebensächliche wird in Claudia Kallscheuers Werk gehalten, in Spannung gebracht, festgezurrt. Das scheinbar Triviale erscheint durch die Umzeichnung mit Nähseide in ungewohnter, verfremdeter Form, in neuem Gewand. Wir Betrachter erkennen die populären Bildmotive der aktuellen Ausstellung – und doch sehen wir sie wie zum ersten Mal.

Künstlerin
Claudia Kallscheuer, geboren 1967 in Waiblingen, wuchs in Nord- und Südamerika auf. Nach einer Ausbildung zur Damenschneiderin studierte sie Modedesign an der AMD – Akademie für Mode in Hamburg. Das Studium der Malerei absolvierte Claudia Kallscheuer an der Alanus Hochschule und an der Freien Akademie Berlin bei Ute Wöllmann. Zwischenzeitlich bildete sie sich als Multimedia-Newsdesignerin weiter. Ihr Malerei-Studium schloss Kallscheuer im Frühjahr 2009 an der Akademie für Malerei Berlin ab, wo sie seither Meisterschülerin von Andreas Amrhein ist.